Vielleicht ist es ja ein Zufall, dass gerade zwei Filme, die sich – auf gewiss ganz unterschiedliche Weise – des Themas Musik annehmen, auf die Kinoleinwände drängen: Mirjam Ungers „Oh Yeah, She Performs!“ und Henning Backhaus’ „Local Heroes“. Ersterer ein Dokumentarfilm, der Musikerinnen in den Mittelpunkt stellt, letzterer ein Spielfilm-Debut, der eine Geschichte aus dem Kontext einer Newcomerband heraus erzählt.
Beide Filme arbeiten mit österreichischer Alternative Pop/Rock-Musik. „Arbeiten“ heißt: den Protagonisten und den von ihnen gewollt verursachten Tönen, Zwischentönen, Geräuschen, Sounds und Songs Raum geben, sie ernst nehmen, ja wichtig, sie wirken lassen. Auf sich selbst und auf andere. Das ist eine essentielle Gemeinsamkeit der erwähnten Filme, und beide fallen sie in eine Zeit, die man getrost als als die richtige Zeit dafür erkennen kann. Denn noch nie war die heimische Szene so dicht, so qualitätsvoll, so vital, tatendurstig, bemerkenswert wie 2012/2013.
Nun ist „Local Heroes“ ein Coming-of-Age-Drama, das zuvorderst die – ebenso naiven wie obsessiven – Träume eines Nachwuchsmusikers bebildert. Ein Newcomer, der noch nicht einmal fix zum Lokalheroen aufgestiegen ist, ersehnt eine professionelle Karriere – etwas, das im engen kulturökonomischen Biotop Wien bzw. Österreich fast zwingend zum Filmriss führen muss. Dennoch wohnt diesem – bei allen Live- und Probekeller-Lautstärkeexzessen – stillen Streifen eine ungewohnte Kraft und Sehnsucht inne. Der „Rat Race“ der Musikindustrie, das verzweifelte Drehen am und im Hamsterrad der Möglichkeiten, der darwinistische Konkurrenzkampf in einem nicht gerade selten belächelten Spielfeld der Populärkultur ist das Hauptmotiv in „Local Heroes“. But what can a poor boy do but play in a rock’n’roll band?
Herausgekommen ist – neben dem Kinofilm selbst – ein Soundtrack, der sehr ernsthaft, eigenständig und nachdrücklich ein Statement setzt. Einerseits, weil er eine Szene durchmisst, die sonst gerade mal von FM4 und Radio Soundportal wahr- und ernstgenommen wird. Anderseits, weil er auch bei der puren Fiktion nicht danebengreift. Eine imaginäre Band wie Yoko Love wird gleichberechtigt neben (mit tollen Tracks vertretenen) Szenegrößen wie Marrok, Mother’s Cake, Gudrun von Laxenburg und Cardiochaos gestellt. Und besteht mit ihren Songentwürfen.
Hans Wagner, der Musik-Guide des Films und selbst aktiv bei Das Trojanische Pferd, Neuschnee, Hans im Glück u.a., hat ganze Arbeit geleistet. Props gehen auch an die Studioprofis Jonathan und Georg Gabler und an den Produzenten Michael Katz. Und natürlich an den Haneke-Schüler Henning Backhaus, der sich an das nicht gerade einfache (und noch weniger einfach darstellbare) Musiker(innen)-Milieu herangewagt hat. Und Musik als alltägliches Lebensmittel, als Über-Lebensmittel begreift. Ich sage: diese Songkollektion kann einiges. Der Film kann noch mehr. Hören, sehen, weitersagen.
(Walter Gröbchen)
Tracklisting:
01Yoko Love Lovers Or Strangers
02Gudrun von Laxenburg The Mouse
03Marrok Fire Storm
04Cardiochaos Lovesongs
05Yoko Love Young Soul, Old Heart
06Mother's Cake Realtricked Me
07Harry Jen Laszlo Express
08Yoko Love Monster, Monster
09Too Much Of Nothing Knowing Me
10Zuckerkinder Numb
11Mura Yama Haschemann Remix
12Yoko Love (feat. Neuschnee) Old Heart, Young Sould